Umfrage zur Situation der Archive in Sachsen: Archivportal-D

Dass 43% der an unserer Umfrage teilnehmenden Archive angeben, nicht über ausreichende Ressourcen an IT-Fachpersonal bzw. Unterstützung durch (externes) IT-Fachpersonal zu verfügen, hatten wir bereits in die Auswertung der Internetpräsenz einbezogen. Vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass die für die Erschließung genutzte Informationstechnik nicht befriedigen kann: Eine archivische Fachsoftware verwenden nur 42 der 75 antwortenden Archive (56%). Im Einsatz sind ebenso Office-Programme (bei 22 Archiven), aber auch Schreibmaschine und Karteikarte wurden in einzelnen Fällen noch genannt.

Vor diesem Hintergrund überraschen die Antworten auf unsere folgende Frage nicht: „Zu wie vielen Prozent Ihres Archivguts sind die Verzeichnungsangaben in einer archivischen Fachsoftware vorhanden (über die das Standard-Austauschformat EAD (DDB) genutzt werden kann)“:

Welche Auswirkungen hat das auf die Beteiligung am Archivportal-D?

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Umfrage zur Situation der Archive in Sachsen: Archivberatung

Sachsen hat eine reiche Archivlandschaft – aber leider keine Archivberatungsstelle mit einem vergleichbaren Angebot wie die Kommunale Archivberatung beim Hessischen Landesarchiv oder die Archivberatung beim LWL-Archivamt für Westfalen.

§ 4 Abs. 6 des Sächsischen Archivgesetzes stellt zwar fest: „Das Sächsische Staatsarchiv berät nichtstaatliche Archive. Wenn ein öffentliches Interesse gegeben ist, kann das Sächsische Staatsarchiv private Eigentümer von Archivgut beraten.“ Aber diese Archivberatung erfolgt in einem sehr begrenzten Rahmen. Dazu der Jahresbericht des Sächsischen Staatsarchivs 2014: „Im Berichtsjahr zeichnete sich jedoch ab, dass das Staatsarchiv seinen Beratungsauftrag nach § 4 Abs. 6 Sächsisches Archivgesetz (SächsArchivG) künftig nicht mehr im erforderlichen Umfang wird erfüllen können, denn die bereits für 2013 festgestellte Divergenz zwischen wachsenden Aufgaben einerseits und den abnehmenden Ressourcen andererseits hat sich im Berichtsjahr weiter vergrößert.“

Das Staatsarchiv steht allerdings im Rahmen seiner Möglichkeiten für die Beratung nicht staatlicher Archive auf Anfrage zur Verfügung und bietet vereinzelt auch Informationsveranstaltungen an, z. B. anlässlich der Novellierung des Sächsischen Archivgesetzes. Unsere Frage dazu war: „Laut Sächsischem Archivgesetz berät das Sächsische Staatsarchiv nichtstaatliche Archive. Haben Sie von diesem Angebot in den letzten drei Jahren Gebrauch gemacht? (z. B. durch eine direkte Anfrage oder durch den Besuch einer Informationsveranstaltung des Staatsarchivs)“.

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Umfrage zur Erschließung: Erschließungszustände

Wie bereits vor dem Sächsischen Archivtag 2017 fragten wir auch jetzt wieder über 120 sächsische Archive nach dem Stand der Erschließung. Auf die Frage „Wie viel Prozent Ihres Archivguts sind nicht oder nur bedingt erschlossen?“ antworteten 73 Archive: 17: bis 10%, 18: 11-30%, 13: 31-50%, 8: 51-75%, 11: über 75%. 6 Archiven war keine Angabe möglich. Zur Veranschaulichung (wobei hier „rot“ für die am Besten dastehenden Archive steht):

Umfrage_04_Erschließungszustand

Im Vergleich zu den Ergebnissen vor zwei Jahren wird deutlich: Die Lage hat sich zwar nicht dramatisch, aber doch weiter verschlechtert. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Antworten auf unsere anschließende Frage: „Wie veränderte sich der Erschließungsrückstand Ihrer Bestände in den Jahren 2017 und 2018?“. 72 Archive antworteten mit folgendem Ergebnis:

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Umfrage zur Erschließung: Erschließungsstandards und -methoden

OVG, ISAD (G), RNA…? Im deutschen Archivwesen gibt es keinen allgemein verbindlichen Erschließungsstandard; die Situation wurde 2013 mit Blick auf „Archivische Erschließung und RDA“ von Irmgard Becker im Rahmen eines Workshops bei der Deutschen Nationalbibliothek kurz skizziert. In der DDR wurden allerdings schon in den 1960er Jahren die „Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für die staatlichen Archive der Deutschen Demokratischen Republik“ erarbeitet. In den folgenden Jahren folgten Ergänzungen für besondere Archivaliengattungen wie Druckschriften oder Karten und Pläne. Verwiesen sei hier auf den Beitrag von Petra Rauschenbach zu den OVG auf dem Brandenburgischen Archivtag 2014 (der ebenfalls dem Thema Erschließung gewidmet war).

An welchem Erschließungsstandard orientieren sich die Archive im Freistaat Sachsen heute vorwiegend? Auf diese Frage antworteten 70 Archive mit folgendem Ergebnis:

      • 11 (16%): an keinem
      • 27 (39%): an einem eigenen unseres Archivs
      • 14 (20%): OVG (ggf. etwas modifiziert)
      • 13 (19%): Erschließungsrichtlinie des Sächsischen Staatsarchivs
      • 2 (3%): ISAD (G)
      • 3 (4%): Andere [genannt wurden: Erschließungsrichtlinie BStU, RNA und Kombination aus OVG und Erschließungsrichtlinie SächsStA]

 

Knapp 30 Jahre nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland wirken die OVG also noch nach. Sie haben ihre prägende Wirkung aber weitgehend verloren, ohne dass sie durchgängig durch einen anderen Standard ersetzt worden wären. Eine bewusste Orientierung am Internationalen Standard ISAD (G), zugänglich auch in der deutschen Übersetzung, ist der Ausnahmefall.

Die Frage „Welche Erschließungmethode(n) nutzen Sie?“ beantworteten 71 Archive, dabei war Mehrfachnennung möglich.

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Leipziger Archive stellen sich vor: Das Archiv Bürgerbewegung Leipzig

Diana Stiehl und Saskia Paul

Am 9. Oktober 1989 gingen in Leipzig mehr als 70.000 Menschen auf die Straße und demonstrierten gegen die SED-Diktatur. Mit einer der größten Massendemonstrationen in der Geschichte der DDR am sogenannten „Tag der Entscheidung“ wurde nach 40 Jahren das Ende der SED-Herrschaft und der DDR eingeleitet. Einen Monat später fiel die Mauer und der Weg zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten wurde frei. Diesem historisch bedeutsamen Ereignis gingen viele kleine Protesthandlungen voraus. Zahlreiche einmalige Zeugnisse von Opposition und Widerstand befinden sich heute im Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V. (ABL).

Das ABL wurde am 5. Mai 1991 von ehemals aktiven Mitgliedern kirchlicher Basisgruppen und unterschiedlichen Oppositionsbewe­gungen der DDR gegründet. Grundlage des heutigen Archivs bildet die „Markusbib­liothek“, welche analog zur Berliner Umweltbibliothek im Herbst 1988 in Leipzig gegründet wurde. Die Leipziger Markusgemeinde mit Pfarrer Rolf-Michael Turek an der Spitze stellte ihre „Gemeindebibliothek“ als „Umweltbibliothek“ einige Stunden pro Woche zur Verfügung. Dort konnten die Publikationen der politisch alternativen Gruppen (Samisdat u.a.) eingesehen werden. Außerdem erhielten die Gruppen nach den Festnahmen am 11. September 1989 einen Raum mit einem Telefonanschluss in der Markusgemeinde. Gezielt wurden Unterlagen zu den Ereignissen im Herbst 1989 wie Flyer oder Augenzeugenberichte zusammengetragen.

Mitschrift des Kontakttelefons der Koordinierungsgruppe in der Markusgemeinde vom 18. September 1989

Seit der Vereinsgründung sammelt das Archiv die hinterlassenen Selbstzeugnisse der DDR-Opposition, der Bürgerbewegung und der in den Jahren 1989/1990 entstandenen Initiativen und Parteien, um diese zu sichern, dauerhaft aufzubewahren, zu erschließen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Der Archivbestand umfasst ca. 235 lfm und wird im Magazin des Archivs fachgerecht aufbewahrt. Daneben findet man im Archiv Samisdatschriften, Zeitschriften, tausende Fotos und Bücher, Zeitzeugeninterviews sowie Schriften von Aufarbeitungsinitiativen und wissenschaftliche Arbeiten.

Junge Demonstrantinnen entrollen am 4. September 1989 auf dem Nikolaikirchhof in Leipzig ein Transparent, welches von Mitarbeitern der Staatssicherheit heruntergerissen wird

Der Archivbestand und die Bibliothek dokumentieren u.a. Opposition und Widerstand in der DDR, die Chronik der Friedensgebete in Leipzig, die Repressionen durch das Ministerium für Staatssicherheit und staatliche Organe, die Ereignisse im Herbst 1989, den Aufbau demokratischer Strukturen ab 1990 sowie die Tätigkeit des Neuen Forums. Hinzu kommen vermehrt Unterlagen, welche die Erinnerungskultur und die Aufarbeitung der SED-Diktatur nach 1989/1990 betreffen. Das Archiv sammelt, bewahrt und erschließt nach archivalischen Grundsätzen Unterlagen, die sich mit Opposition und Widerstand speziell im ehemaligen Bezirk Leipzig, aber auch darüber hinaus, befassen.

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Umfrage zur Erschließung: IT-Fachpersonal und Erschließungszielgruppe(n)

„Verfügt Ihr Archiv über ausreichende Ressourcen an IT-Fachpersonal bzw. Unterstützung durch (externes) IT-Fachpersonal?“. Auf diese Frage antworteten 74 Archive, davon 32 (43%) mit „nein“!

12 Archive (16%) verfügen über eigenes IT-Fachpersonal, 30 (41%) gaben an, ausreichend Unterstützung durch IT-Fachpersonal beim Archivträger (o. ä.) zu haben.

Damit haben sich gegenüber dem Stand vor zwei Jahren keine signifikanten Verbesserungen ergeben – auch 2017 gaben 43% der damals 79 antwortenden Archive an, dass sie keine ausreichende Unterstützung im Bereich der IT bekommen. Überdurchschnittlich hoch ist die Angabe „nein“ mit 53% bei den 49 antwortenden Kommunalarchiven und mit sogar 56% bei den 16 nur in Teilzeit besetzten Archiven, die sich an der Umfrage beteiligten.

Es dürfte mit dieser unbefriedigenden Situation zusammenhängen, dass viele Archive (noch) kein Archivinformationssystem verwenden. Unsere Frage nach dem Hauptgrund dafür beantworteten 27 Archive so:

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Abstracts zum Sächsischen Archivtag 2019: Dilemma oder Herausforderung?

Zentralisierte Beständeverwaltung und Erschließung von Archiv und Sammlungsgut im Kunstbereich an einer kleinen Einrichtung

Die Bestände der Zentralen Einrichtung Archiv und Kustodie der Hochschule für Bildende Künste Dresden sind das Gedächtnis einer der ältesten Kunstinstitutionen Europas. Das Schriftenarchiv, archivische Sammlungen, Künstlernachlässe, der historisch gewachsene Kunstbesitz und die Anatomische Sammlung dokumentieren das Studium, die Lehre und die Verwaltungsvorgänge an der Hochschule und an ihren Vorgängerinstitutionen Akademie für bildende Künste (gegr. 1764) und Kunstgewerbeschule (gegr. 1876).

Die Konzentration aller Bestände an einem Ort ermöglicht eine gezielte Recherche, nach der sich die Beständeverwaltung und die Erschließung zum Zwecke einer optimalen Nutzung ausrichten müssen. Dazu gehört die Auswahl einer geeigneten Archivsoftware ebenso wie der Aufbau einer Gesamttektonik, die Entwicklung von Erschließungsmodi und eine anzustrebende Onlinestellung. Der Vortrag will aufzeigen, welche Strategien bei einer sehr heterogenen Ausgangslage von Einzelbeständen und Findmitteln sowie bei begrenzten Ressourcen hierfür erforderlich sind und wirbt dafür, dass insbesondere kleine Spezialarchive individuelle Einzellösungen für ein nutzungsorientiertes Profil finden müssen.

Simone Fugger von dem Rech
Hochschule für Bildende Künste Dresden

Foto: HfBK Dresden, Katharina Maria Franz

Abstracts zum Sächsischen Archivtag 2019: Außer Dienst – Ehrenamtsprojekte im Berliner Wirtschaftsarchiv

Die Mitarbeit Ehrenamtlicher in Archiven und Einbindung in das Portfolio der archivischen Aufgaben sind Teil des alltäglichen Archivmanagements. An Beispielen aus der Arbeit des Berlin-Brandenburgischen Wirtschaftsarchivs zeigt sich, dass nicht bezahlte Ehrenamtsarbeit nicht kostenlos ist, aber auch keinesfalls umsonst. Während viele Archive bereits über angeschlossene Heimat- oder Geschichtsvereine verfügen, aus denen sich ehrenamtliche Helfer rekrutieren lassen, steht am Anfang der Berliner Projekte zunächst die Herausforderung, überhaupt Interessierte zu erreichen. Dies gelingt am besten, wenn das Projekt klar definiert ist und Erwartungen von Archiv und Ehrenamtlichen berücksichtigt werden – durchaus im Sinne eines Austauschs. Dann stellt sich ein Mehrfachnutzen ein, wenn nämlich die Aufgaben für Ehrenamtliche gut geplant, die Stärken und Schwächen ermittelt und die Ergebnisse auch für die Öffentlichkeitsarbeit des Archivs genutzt werden können.

Björn Berghausen
Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv

Urheber: Thomas Platow/LAB

 

Umfrage zur Erschließung: Archivare und Archivarinnen aufgewacht?

Jährliche Erschließungsleistung. Erschließungsrückstände. Zeit für Erschließung. Wie klar können Fortschritte und Defizite benannt werden?

Auf unsere Frage „Welche Kennziffern zu Aspekten der Erschließung erfassen Sie regelmäßig (mind. jährlich)?“ antworteten 71 Archive; Mehrfachnennungen waren möglich. Das Ergebnis:

  • 38 (54%): keine
  • 22 (31%): Stand der Erschließung bezogen auf den Gesamtbestand (in lfm)
  • 11 (16%): Veränderung des Erschließungszustands bezogen auf einen Zeitraum
  • 19 (27%): Zahl der digital erfassten/recherchierbaren Verzeichnungseinheiten
  • 12 (17%): Zahl der online recherchierbaren Verzeichnungseinheiten
  • 3 (4 %): für Erschließungsaufgaben verwendete Arbeitszeiten (in Tagen)

Vor nunmehr 15 Jahren erschien im „Archivar“ der Beitrag des Unternehmensberaters Gerd Schneider „Archivare aufgewacht! Anmerkungen eines Externen zur gegenwärtigen Situation im deutschen Archivwesen“. Er stellte damals fest, „dass Archive fachlich vor sehr grundsätzlichen Problemen stehen, deren Lösung erhebliche Investitionen erfordert […] Die Stichworte Verzeichnungsrückstände, Konservierung, Restaurierung, Unterbringung und elektronische Archivierung belegen dies hinreichend.“ Und Schneider weiter: Die „konsequente Verbindung aller archivfachlichen Fragestellungen mit betriebswirtschaftlichen Sichtweisen und Lösungsansätzen [ist] unabdingbar. Erst wenn es Ihnen gelingt, Ihre Probleme fachlich und betriebswirtschaftlich aufzuarbeiten, sie in die Sprache der Politik und der Finanzressorts zu übersetzen, selbst in betriebswirtschaftlichen Kategorien zu denken und Lösungen zu erarbeiten, wird es möglich sein, Ihre gravierenden Probleme gemeinsam mit Ihren Trägern zu lösen.“

Sind wir auf dem Weg dahin?

Von OVG zu RiC – Eine „kopernikanische Wende“ in der archivischen Erschließung?

Bericht zum Vortrag von Prof. Dr. Michael Scholz, Potsdam
23. Sächsischer Archivtag Leipzig, Prof. Dr. Michael Scholz bei seinem Vortrag, Foto: Stephan Luther

„Erschließung im 21. Jahrhundert wird noch mehr als bislang nicht nur archivische Kernaufgabe, sondern die strategische Schlüsselfunktion sein, wenn Archive als bewahrenswerte Einrichtungen ihre Stellung behaupten wollen.“ Mit dieser Aussage von Nils Brübach aus dessen Vortrag beim Brandenburgischen Archivtag von 2014 leitete Scholz seinen Vortrag ein. Fünf Jahre später scheint die Erschließung als Schlüsselfunktion gerade in kleineren Archiven noch weit von der Realität entfernt zu sein. Aktuell sind im Archivportal-D immerhin 119 sächsische Archive vertreten (Sächsische Archive im Archivportal-D), bei der Anzeige, welche von diesen mit Findmitteln vertreten sind, bleiben aber nur noch 10 Archive übrig (Sächsische Archive im Archivportal-D mit Findmitteln).

In Brandenburg sieht die Situation ähnlich aus. Die Gründe sieht Scholz zum einen in den technischen Problemen, die das Archivportal in der Vergangenheit beim Dateningest hatte, aber auch und vor allem in arbeitsökonomischen Gründen in den kleineren Archiven sowie in der Qualität der Erschließung.Weiterlesen