Gemeinsame Normdatei (GND) und Archive – eine vielversprechende Liaison

Archivwahrnehmung, Erschließung, Nutzung
Bericht zum Vortrag von Daniel Fähle, Stuttgart

„In der deutschsprachigen Wikipedia werden seit 2005 biografische Artikel mit der PND verlinkt. Ihre verstärkte Nutzung auch bei der Erschließung von personenbezogenem Archivgut (inkl. der Übernahme der PND-Nummer in die Verzeichnungsangaben) wäre sinnvoll.“ Diese Sätze waren vor neun Jahren im „Archivar“ im Bericht über den 61. Deutschen Genealogentag 2009 zu lesen.

Es hat noch ein wenig gedauert, die PND (Personennamendatei) ging 2012 in der GND (Gemeinsamen Normdatei) auf; aber heute ist festzustellen: Die schon lange in den deutschen Bibliotheksverbünden genutzte GND ist im Archivwesen angekommen, wenn auch bisher nur in wenigen Archiven. Daniel Fähle (Landesarchiv Baden-Württemberg) führte in seinem instruktiven Vortrag daher einleitend in einige Grundlagen ein: Was sind Normdaten und was macht sie aus?

Kurz gesagt: Normdateien sind kontrollierte Vokabularien, die eine normierte und eindeutige Ansetzung bei der Erschließung ermöglichen. Statt sechs verschiedener Bezeichnungen für Eberhard im Bart kann mit einer GND-Nummer die Person eindeutig identifiziert werden, hier: 11852853X.

Uneinheitliche Namensansetzung

Andere Bezeichnungen (Pseudonyme, differierende Schreibweisen etc.) für die Person können erfasst werden; die GND-Nummer ermöglicht trotzdem eine eindeutige Identifizierung und Verlinkung mit anderen Webseiten mit Informationen zu derselben Person. Analog gilt dies auch für die Normdaten zu Orten, Körperschaften etc.

Nur EINE GND-Nummer: Eberhard im Bart
    • Weitere Vorteile der GND sind
  • Rückgriffmöglichkeit auf bereits vorhandene Ansetzungen (in der GND)
  • digitale Vernetzung (linked open data, semantic web)
  • eindeutig, persistent, maschinenlesbar

 

Durch die Verständigung auf die Nutzung der GND kann ein gemeinsames Vokabular beim Aufbau der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur genutzt werden. Die Bestände in den Archiven werden damit im Verbund sichtbar – Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Verzeichnungsinformationen mit den Normdaten im Internet verfügbar sind, z. B. über das Archivportal-D.

Gerade bei kleinen Archiven mit einzelnen interessanten Beständen von überregionaler Relevanz (z. B. bestimmten Nachlässen), kann die Nutzung der GND eine hohe Sichtbarkeit im World Wide Web ermöglichen. GND-Kennungen können dabei auf verschiedenen Ebenen verwendet werden, auf der Ebene der Bestände (Beständeübersicht) ebenso wie auf der Ebene von Tektonikgruppen (Klassifikationsstufen) oder einzelnen Verzeichnungseinheiten. Von zentraler Bedeutung ist natürlich, dass das im Archiv verwendete Archivinformationssystem (AIS) die Nutzung von Normdaten unterstützt; dies ist bei den aktuellen Versionen der gängigen AIS in der Regel der Fall.

Die GND entstand in Bibliotheken und entwickelte sich aus der Katalogisierung von Publikationen. Daher sind bisher vor allem zu solchen Personen Normdaten angelegt, die Werke publizierten oder in Publikationen behandelt werden. Im aktuell laufenden DFG-geförderten Projekt „GND für Kulturdaten“ GND4C soll aus diesem auf eine bibliothekarische Nutzung ausgerichteten Angebot ein spartenübergreifendes Produkt werden.

Am Beispiel des für seine Buchhandelsgeschichte berühmten Johann Goldfriedrich führte Fähle abschließend die Vernüpfungen zwischen verschiedenen Internetangeboten über die GND-Nummer vor. Die Möglichkeiten einer gezielten Recherche im (immer größer und unübersichtlicher werdenden) Internet und der Nutzen für wissenschaftliche Forschungen wurden deutlich.

In seiner Schlussbemerkung plädierte Fähle für den Beginn einer Nutzung von Normdaten mit ausgewählten Beständen:

Plädoyer für Normdatennutzung

In der an den Vortrag anschließenden Diskussion wurde nach der Nutzung von Normdaten in der auf der Website des Bundesarchivs erreichbaren Zentralen Datenbank Nachlässe (ZDN) gefragt. Die Berichterstatterin informierte, dass das Bundesarchiv ihres Wissens – entgegen einer anderslautenden Information auf der Frühjahrstagung der Fachgruppe 1 in Chemnitz 2013 („Nachlässe – Neue Wege der Überlieferung im Verbund“) – keine Möglichkeiten zu einer sinnvollen Pflege von Normdaten in der ZDN eingerichtet hat. Die ZDN sei in dieser Hinsicht „tot“, auch wenn das Bundesarchiv das nicht offen kommuniziere.

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