Umfrage zur Erschließung: Wer erschließt?

Welche Auswirkungen hat es, wenn in 26% der Archive im Freistaat Sachsen nur eine Person unbefristet beschäftigt ist und in weiteren 31% (!) es sich gar nur um eine Teilzeit-Stelle handelt? So die Zahlen aus unserer aktuellen Umfrage zum Personalstand.

Auffällig sind die Zahlenverhältnisse bei unserer Frage: „Welche Personen erschließen in Ihrem Archiv (inkl. Betreuung von Erschließungsprojekten)?“. Mehrfachnennungen waren möglich, 72 Archive antworteten mit folgendem Ergebnis: 15 (20.8%): niemand, 58 (80.6%): fest angestelltes Personal, 12 (16.7%): Auszubildende, 4 (5.6%): externes Personal (Projektstellen), 17 (23.6%): Praktikanten und/oder Ehrenamtliche, 8 (11.1%): Andere (darunter Dienstleister,  studentische/wissenschaftliche Hilfskräfte und Volontäre). Als Grafik:

Wie stellt sich das bei den 17 antwortenden 1-Personen-Archiven dar und bei den 23 Archiven, die nur in Teilzeit besetzt sind?

Weiterlesen

Umfrage zur Erschließung: Erschließungszustände

Wie bereits vor dem Sächsischen Archivtag 2017 fragten wir auch jetzt wieder über 120 sächsische Archive nach dem Stand der Erschließung. Auf die Frage „Wie viel Prozent Ihres Archivguts sind nicht oder nur bedingt erschlossen?“ antworteten 73 Archive: 17: bis 10%, 18: 11-30%, 13: 31-50%, 8: 51-75%, 11: über 75%. 6 Archiven war keine Angabe möglich. Zur Veranschaulichung (wobei hier „rot“ für die am Besten dastehenden Archive steht):

Umfrage_04_Erschließungszustand

Im Vergleich zu den Ergebnissen vor zwei Jahren wird deutlich: Die Lage hat sich zwar nicht dramatisch, aber doch weiter verschlechtert. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Antworten auf unsere anschließende Frage: „Wie veränderte sich der Erschließungsrückstand Ihrer Bestände in den Jahren 2017 und 2018?“. 72 Archive antworteten mit folgendem Ergebnis:

Weiterlesen

FAMI-Abschlussprojekt 2019: C wie Connewitzer Verlagsbuchhandlung

Die Connewitzer Verlagsbuchhandlung ist eine Leipziger Sortimentsbuchhandlung mit einem eher anspruchsvollen literarischen Profil in den Bereichen Belletristik, Zeitgeschichte, Kunst und Geisteswissenschaften. Zugleich ist die Buchhandlung aber auch als Verlag tätig, wie der Name bereits verrät. 1990 im Stadtteil Connewitz von Peter Hinke gegründet, brachte sie als erstes verlegerisches Produkt die erste Ausgabe des „Connewitzer Kreuzers“ heraus, dessen Nachfolger, das Leipziger Stadtmagazin „Kreuzer“, bis heute erscheint.

Zunächst spezialisierte sich die Buchhandlung vor allem auf Literatur, die in Leipzig vor der Wende nicht zugänglich war. Seit dem Umzug 1995 ist die 200 m² große Buchhandlung in der Innenstadt in Speck‘s Hof zu finden.

Foto: Fiona Brückner

Auf zwei mit Holz verkleideten Etagen kann man hier völlig in der Welt der Literatur versinken. Die Buchhandlung ist die einzige inhabergeführte Buchhandlung in der Leipziger Innenstadt. 2005 eröffnete in der Südvorstadt, im Peterssteinweg 7, als kleiner Ableger die Buchhandlung „Wörtersee“. Außer Büchern kann man hier auch Kunst erwerben.

Bei der Wahl seiner Autoren sowie der Produktion der Bücher legt der Verlag besonders großen Wert auf Lokalität, d.h. gebunden, gedruckt und gestaltet werden die Bücher bevorzugt in Leipzig. Seit seiner Gründung wurden etwa 200 Bücher im Verlag veröffentlicht.

Neben den verlagseigenen Publikationen verfügt die Connewitzer Verlagsbuchhandlung als weitere Besonderheit auch über ein umfangreiches Angebot an Büchern aus 56 unabhängigen Verlagen. Außerdem hält sie ein umfangreiches Sortiment an englischsprachiger Literatur bereit.

Die Buchhandlung wurde bereits dreimal als hervorragende Buchhandlung mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet. Wer literarische und kulturelle Anregungen sucht, dem sei der Internetauftritt der Buchhandlung empfohlen. Neben anstehenden Veranstaltungen und Neuerscheinungen findet man in der Rubrik „Buchorte“ persönliche Entdeckungen der Mitarbeiter.

Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag gehört zum Abschlussprojekt der FAMI-Auszubildenden der Fachrichtung Archiv in Sachsen 2019, das dem Medienstandort Leipzig A – Z gewidmet war und hier kurz vorgestellt wird.

Umfrage zur Erschließung: Zugänge und Abgabeverzeichnisse

Von wenigen Ausnahmen (wie den BStU-Archiven) abgesehen, sind Archive auf Zuwachs angelegt. Der Erschließungsstand in einem Archiv hängt daher auch davon ab, mit welchen Findmitteln es Neuzugänge übernehmen kann. Die Behörden des Freistaates Sachsen sind auf Grundlage der VwV Aktenführung verpflichtet, Aussonderungsverzeichnisse zu erstellen. Das Sächsische Staatsarchiv stellt Muster für elektronische Verzeichnisse bereit. Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen allerdings, dass die Übernahme von Archivgut mit elektronischen, gut nachzunutzenden Abgabeverzeichnissen leider nicht der Standard ist.

Zunächst fragten wir danach, in welchem Umfang die Archive in den Jahren 2017 und 2018 jährlich im Durchschnitt Archivgut übernommen hatten. 73 Archive antworteten (wobei 15 keine Angabe dazu machen konnten):

Auf die sich anschließende Frage „Mit welchen Findmitteln erhalten Sie ÜBERWIEGEND die Unterlagen von den abgebenden Stellen?“ antworteten 71 Archive:

Weiterlesen

FAMI-Abschlussprojekt 2019: B wie Breitkopf & Härtel

Breitkopf & Härtel, der älteste Musikverlag der Welt, wurde 1719 in Leipzig gegründet. Das unter Kulturgutschutz stehende Verlagsarchiv liegt weitgehend im Sächsischen Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig und beinhaltet vor allem Korrespondenzen ab dem Jahr 1896 sowie Briefkopierbücher aus dem Zeitraum von 1818 bis 1910. Der Hauptsitz des Verlages befindet sich seit 1945 in Wiesbaden, doch seit dem Jahr 2017 gibt es auch in Leipzig wieder eine Niederlassung.

Briefkopierbücher von Breitkopf & Härtel im Staatsarchiv Leipzig

Das rot-weiße Logo mit dem Bären dürfte Musikern, Musikwissenschaftlern und Musikinteressierten vertraut sein. Weniger bekannt ist jedoch, wie der Verlag zum Bären in seinem Logo kam: Das Tier erinnert an den Gasthof „Goldener Bär“, den der Verlag 1732 als verfallenes Gebäude kaufte und als Verlagsgebäude ausbaute. Auch das Schild dieses Gasthofes zierte ein Bär.

Weiterlesen

Leipziger Archive stellen sich vor: Das Gewandhausarchiv

Aufgaben und Sachgebiete im Überblick
  • Aktenregistratur
  • Bibliothek
  • Fotothek und -archiv
  • Historisches Archiv
  • Konzertdokumentation
  • Mediathek
  • Nachlässe und Sondersammlungen
  • Pressedokumentation und -archiv
  • Redaktion Gewandhaus-Magazin
Das historische Archiv

Bei einem Orchester, das sich auf eine über 275-jährige Geschichte beruft, sollte man zu Recht ein Archiv vermuten dürfen, dessen Anblick jedes Historikerherz höher schlagen ließe. Aber dieses Archiv gibt es nicht. Der naheliegende Verweis auf »Kriegsverluste« wäre jedoch nur die halbe Wahrheit. Denn ein umfassendes Gewandhausarchiv hat nie existiert.

Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein waren Gewandhaus und Gewandhausorchester zwei eigenständige Institute. Sie entwickelten sich zwar aus einer gemeinsamen Wurzel, der Gründung des »Großen Concerts« im Jahre 1743, gingen dann aber verschiedene Wege. Die Gewandhaus-Konzertdirektion war Veranstalter der Konzerte im Gewandhaus; das Gewandhausorchester etablierte sich durch den Dienst in Theater, Konzert und den städtischen Hauptkirchen als Stadtorchester.

Die Gewandhaus-Konzertdirektion führte ihr Archiv, das Orchester führte sein Archiv. Dieses orchestereigene Archiv, körperlich angesiedelt im Leipziger Neuen Theater, verbrannte in dem 1943 von Bomben völlig zerstörten Haus.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Stadt- und Gewandhausorchester zunächst dem städtischen Kulturamt unterstellt, bis es in den 1950er Jahren der neu gegründeten Institution »Gewandhaus zu Leipzig« zugeordnet wurde.

Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen der DDR durfte das Gewandhaus zu Leipzig als eine nachgeordnete städtische Einrichtung nur ein sogenanntes Verwaltungsarchiv im Sinne einer Zwischenregistratur führen. Alle Archivalien mussten an das übergeordnete Stadtarchiv abgeführt werden. So sind Anfang der 1960er Jahre große Teile des einstigen Direktionsarchivs an das Stadtarchiv abgegeben worden. Darunter befanden sich zahlreiche Briefe – beispielsweise von und an Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy – und vollständige Orchestermateriale, also jeweils Partituren samt Stimmensatz.Weiterlesen

FAMI-Abschlussprojekt 2019: A wie Archiv

In Leipzig gibt es über 20 Archive oder archivalische Sammlungen. Eine kleine Auswahl davon soll an dieser Stelle kurz vorgestellt werden.

Das Tanzarchiv wurde 1957 von Kurt Petermann gegründet und ist seit 2011 Teil der Universitätsbibliothek. Gegliedert in eine Fachbibliothek und eine archivalische Sammlung, beherbergt es ca. 10.000 Medien. Ein Teil der Bestände ist bereits in einer Datenbank erschlossen und kann in den Räumen der Universitätsbibliothek eingesehen werden.

Ein weiteres Archiv in Leipzig / Foto: Fiona Brückner

Das Geographische Archiv des Leibniz-Instituts für Länderkunde (IfL) verfügt über die größte Sammlung geographiehistorisch bedeutsamer Materialien im deutschsprachigen Raum. Dazu zählen über 200 Nachlässe von Geographen, Forschungsreisenden und Institutionen. Das IfL ist auch mit 1.300 Fotos beteiligt am digitalen Porträtarchiv DigiPortA, das von neun Archiven der Leibniz-Gemeinschaft zwischen 2012 und 2015 aufgebaut wurde und unter http://www.digiporta.net zur Verfügung steht. Die meisten der vom IfL beigesteuerten Bilder stammen aus dem 19. und 20. Jahrhundert und zeigen Geographen auf Exkursionen, Forschungsreisen oder bei Feldforschungen.

Der Verein Archiv Bürgerbewegung e.V. wurde 1991 gegründet, nachdem bereits 1990 erste Schritte von Uwe Schwabe, einem Aktivisten der Leipziger Opposition, und Klaus Roewer, der zu Forschungsarbeiten nach Leipzig gekommen war, unternommen worden waren. Das Archiv befindet sich heute im Haus der Demokratie, wo aktuell ein Bestand von ca. 220 lfm aufbewahrt wird, der Unterlagen der Bürgerbewegungen, der DDR-Opposition und von kirchlichen Basisgruppen sowie von Zeitzeugen übergebene persönliche Unterlagen und Sammlungen umfasst.

Weiterlesen

Abstracts zum Sächsischen Archivtag 2019: Crowdsourcing bei der Fotoerschließung

Die „Spurensuche“ des Stasi-Unterlagen-Archivs

Etwa 1,8 Millionen Fotodokumente sind durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ohne Kontext in den Archiven des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU) überliefert. Ergänzt werden sie durch viele Fotos, die sich in den schriftlichen Überlieferungen befinden. Die Geheimpolizei fotografierte zur Beweis- und Selbstdokumentation sowie aus operativen Gründen, zum Beispiel bei verdeckten Beobachtungen. Durch gezielte Verunordnung während der Auflösung der Staatssicherheit fehlt heute einem Großteil dieser Bilder der Kontext.

Die Archivarinnen und Archivare des BStU stehen bei der Erschließung deshalb vor großen Herausforderungen. Häufig fehlen neben den Datums- und Ortsangaben auch der inhaltliche Kontext. Die Fotografien können deshalb nicht eindeutig zugeordnet werden. Das hat unmittelbare Auswirkungen auf die Recherchierbarkeit und die Auskunftsfähigkeit bei Anfragen von Bürgern, Medien und Forschern.

Um an die fehlenden Informationen zu gelangen, bezieht das Stasi-Unterlagen-Archiv seit 2011 die Öffentlichkeit bei ausgewählten Fotoserien in die Erschließungsarbeit ein. Auf der Webseite www.bstu.de werden Fotografien, die bislang nicht zugeordnet werden können, mit einer kurzen Beschreibung und den vorhandenen Erschließungsangaben als „Spurensuche“ veröffentlicht. Eine Verbreitung findet über die Kanäle des BStU in den sozialen Medien und manchmal auch über Berichterstattung in Zeitung und Rundfunk statt. Dies garantiert eine hohe Reichweite und erhöht die Chance, aussichtsreiche Hinweise zu bekommen.

Beispielseite

Die Archivarinnen und Archivare gehen den eintreffenden Hinweisen nach und können fehlende Informationen ergänzen. Das Ergebnis: Fast zwei Drittel aller „Spurensuchen“ konnten so bisher gelöst oder teilweise gelöst werden.

Andreas Voss und Norman Kirsten, BStU Zentrale

Leipziger Archive stellen sich vor: Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatsicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Außenstelle Leipzig

Das Stasi-Unterlagen-Archiv Leipzig verwaltet das Archivgut aus der Überlieferung des Staatssicherheitsdienstes der Bezirksverwaltung einschließlich der Unterlagen aller 13 Kreisdienststellen des ehemaligen Bezirkes Leipzig.

8,5 km Archivgut: Akten, Karteien, Fotos, Tondokumente und zerrissene Unterlagen – eine einzigartige Hinterlassenschaft, die die flächendeckende Überwachung der Bevölkerung dokumentiert.

Bildnachweis: BStU, Außenstelle Leipzig

2305 Säcke mit Papierschnipseln, zerstörten Filmen und Fotos zeugen von den Versuchen der Stasi-Mitarbeiter in der Zeit der Auflösung, möglichst viele Materialien zu vernichten. Sie sind vom damaligen Bürgerkomitee gesichert worden, lagern in der Außenstelle und sind die Herausforderung für die Rekonstruktion.

Fast 2,8 Millionen Karteikarten sind in den Beständen überliefert und werden manuell und digital für Anträge recherchiert.

Die Unterlagen aus den Diensteinheiten der Bezirksverwaltung sind zu 98 Prozent erschlossen, die bereits durch die Stasi archivierten Ablagen sind vollständig personenbezogen zugriffsfähig und werden auf Grundlage des StUG bereitgestellt und genutzt.

Weiterlesen

Umfrage zur Erschließung: Personal

„Für einen leistungsfähigen Staat ist gut ausgebildetes Personal wichtig. Kluge, motivierte und innovative Köpfe sind die Basis für eine erfolgreiche Verwaltung.“ Mit diesen Worten begleitete der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen die gestern gestartete Nachwuchskampagne „MACH WAS WICHTIGES“ für den öffentlichen Dienst.

Das gilt auch für Archive aller Sparten. Ohne Personal keine Bildung von analoger wie digitaler Überlieferung, keine Erschließung, keine Bestandserhaltung, keine Digitalisierung von Archivgut. Daher fragten wir bereits bei unserer Umfrage vor zwei Jahren bei den Archiven im Freistaat Sachsen nach:

„Über wie viele unbefristet besetzte Personalstellen verfügt Ihr Archiv? (ohne Personal für Verwaltungsschriftgut inkl. Bau- und / oder Patientenakten)“

Als niedrigste Spanne hatten wir damals „bis 2“ angegeben. Über das Ergebnis und unsere Einordnung berichteten wir hier.

Zu Recht moniert wurde 2017 in Kommentaren, dass diese niedrigste Spanne zu weit angesetzt war. In diesem Jahr haben wir die Antwortmöglichkeiten daher präzisiert, mit folgendem Ergebnis (bei 73 antwortenden Archiven):

Gefiltert auf Kommunalarchive ergibt sich – nur geringfügig verschoben – folgende Verteilung (bei 49 antwortenden Archiven):Weiterlesen